Sport & Spiritualität - das Göttliche im Sport

4. Dezember 2014

Am vergangenen Dienstagabend fand im Dozentenfoyer der ETH Zürich mit dem Vortrag „Sport & Spiritualität“ der letzte Vortrag der Vortragsreihe „Sport & …“ im 2014 und damit gleichzeitig auch die letzte Veranstaltung des Jubiläumsjahrs statt. Der reformierte Pfarrer Michael Landwehr aus Samedan zeigte darin auf, wo sich Sport und Spiritualität berühren.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Pfarrer der Evangelischen Kirchgemeinde Samedan ist Michael Landwehr privat sehr verbunden mit dem Fussball und fungiert unter anderem als Vorstandsmitglied des FC Celerina. Trotz dieses Umstandes eröffnete Landwehr seinen Vortrag nicht etwa mit einem Beispiel aus der Welt des Fussballs, sondern der Sportart Lacrosse: Ein Filmtrailer spannte den Bogen zwischen körperlicher Ertüchtigung, sportlichem Wettbewerb und spirituellen Wurzeln.

Danach ging Michael Landwehr zuerst auf die Wettbewerbssituation ein. Man stosse an Grenzen, wenn die persönlichen Hochs erreicht seien; spätestens dann sei einem der Sport auch als spirituelle Aktivität möglich, so Landwehr. Dadurch werde «das Laufen eine Begegnung mit sich selbst und dem Göttlichen, das die gesamte Welt durchdringt.» Landwehr betonte dabei, dass der Begriff Spiritualität weder mit Dogmen noch mit gefestigtem Glauben zu tun haben müsse, auch nicht mit Erleuchtungen und Visionen. «Es kann auch einfach ein Gefühl der Wertschätzung und Dankbarkeit sein.»

Zum bekannten Thema des Sports als «Ersatzreligion» zeigte Landwehr, dass durchaus Parallelen zwischen Religion und Sporteifer bestünden. Die Lobeshymnen in den Stadien, der uniforme Look der Fans, die gelben Fahnen statt des Weihrauchs: «Die Identifikation mit dem liebsten Verein kann zum Lebensinhalt werden, in dem der Spielplan anstatt des Kirchenkalenders gilt.» Tatsächlich werde Sport zunehmend zum Freizeitkult, der Leistungsfähigkeit verspreche. Dabei werde der Sport aber auf das Körperliche reduziert, kritisierte Landwehr, der Geist und die Seele würden oftmals aussen vor gelassen. In diesem Zusammenhang ging der Referent in seinem Vortrag auf die unterschiedlichen Arten von Motivation ein, die durchaus auch spiritueller Natur sein könnten.

Ein besonderes Augenmerk legte Michael Landwehr auf den „Flow“, diesen Zustand der vollständigen Leichtigkeit und Erfüllung, der sowohl im Sport wie auch im spirituellen Erleben erfahren werden könne. Dieser könne beim Joggen genauso auftreten wie beim Beten. «Das im Ritual Erlebte hat gestaltende Alltagsrelevanz», führte der Referent aus. Würden Sport und Spiritualität verbunden, dienten sie nicht mehr der Leistungssteigerung, sondern dem inneren Wachstum.

In der anschliessenden Fragerunde kam das Publikum nochmals auf den Sport und das Gebet zu sprechen und fragte, ob denn für eine Mannschaft gebetet werden dürfe. Michael Landwehr dazu: «Klar hab ich vor dem Fernseher auch schon gesagt „Jesus, schenk ein Tor für die Bayern, für Deutschland, oder so.“ Aber in mich gehen und richtig für einen Sieg beten – das ginge mir zu weit.»

Landwehr zeigte in seinem Referat eindrücklich auf, dass sportliches Tun nicht ausschliesslich einen Selbstzweck erfüllt, sondern durchaus auch über den Sport hinaus Wirksamkeit entfalten kann – eben auch im spirituellen Sinne.

Text: Anna Rosenwasser