Den Magen-Darm-Trakt trainieren

17. November 2025

«Hot Topic» der Swiss Sports Nutrition Society (SSNS) - Kompakte Infos zu aktuellen Fragen der Sporternährung

Autorin: Valentina Segreto
Updates: Simone Reber, Sarina Jenzer

Insgesamt leiden ungefähr 30-50% aller Sportlerinnen und Sportler regelmässig unter gastrointestinalen, also Magen-Darm-Beschwerden. Vor allem Ausdauerathletinnen und -athleten sind betroffen. Die Beschwerden können sowohl den oberen Magendarmtrakt betreffen und zu Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Magenkrämpfen führen als auch vom unteren Bereich ausgehen, was sich in Darmkrämpfen oder Durchfall zeigen kann. Eine nicht optimale Ernährung, heisse Temperaturen sowie Flüssigkeitsmangel oder -überschuss können diese noch zusätzlich verstärken. Die Ursachen der Magen-Darm-Beschwerden scheinen zum Teil genetisch bedingt und individuell sehr unterschiedlich zu sein. 

Es wurde festgestellt, dass bestimmte Nahrungsbestandteile, wie Nahrungsfasern, Fett und hochkonzentrierte Kohlenhydratlösungen, mit der Häufigkeit von Verdauungsproblemen korrelieren. Weiter kann es bei längeren oder intensiven Trainingseinheiten zu einer verlangsamten Magenentleerung oder einer schlechteren Verdauungsleistung und so zu Durchfällen kommen. Eine Strategie zur Vermeidung dieser Symptome besteht darin, den Magen-Darm-Trakt zu trainieren, in Englisch: „to train the gut“. Dieses Training führt zu einer verbesserten Magenentleerung, einer grösseren Volumentoleranz, einer erhöhten Nährstoffaufnahme sowie einer verminderten Wahrnehmung des Völlegefühls.

Magenentleerung

Die Magenentleerung ist die Zeit, welche die Nahrung benötigt, um den Magen zu verlassen und den Dünndarm zu erreichen. Lebensmittel und Flüssigkeiten stehen – solange sie sich noch im Magen befinden – dem Körper nicht zur Verfügung. Die Entleerungsgeschwindigkeit ist abhängig von der Füllmenge, der Energiedichte, der Osmolarität sowie der Trainingsbelastung und wie bereits erwähnt trainierbar. Cunningham et al. konnten in einer Studie aufzeigen, dass eine dreitägige Ernährung mit 400 Gramm Glukose pro Tag die Magenentleerungszeit im Vergleich zu einer Standardernährung verbesserte. Yau et al. stellten in einer anderen Studie fest, dass eine Ernährung mit hohem Fruktoseanteil über drei Tage die Magenentleerung von Fruktose beschleunigte, nicht jedoch eine Ernährung mit hohem Glukoseanteil5. Eine kurzfristige Anpassung der Magenentleerungszeit erfolgte auch bei anderen Nährstoffen, wie zum Beispiel Fett. Diese Adaptionen sind wahrscheinlich durch eine Desensibilisierung der Nährstoffrezeptoren und eine verminderte Rückkopplungshemmung der Magenentleerung zu erklären3. Zwar gibt es nur wenige Studien in diesem Bereich, die Resultate sehen aber vielversprechend aus, vor allem, auch weil eine Reduktion von Magen-Darm-Beschwerden bereits nach drei Ernährungsinterventionstagen ersichtlich war. 

Kohlenhydrataufnahme im Darm

Nachdem die Nahrungsbestandteile den Magen verlassen und den Darm erreicht haben, werden sie im Dünndarm weiter verdaut und gelangen schlussendlich über Transporter in der Darmwand in den Blutstrom und werden u.a. zu den Muskeln transportiert. Die Haupttransporter für Kohlenhydrate sind der natrium-abhängige Glukosetransporter (SGLT)-1, der Fruktose-Transporter (GLUT)-5 und der Glukose-Transporter (GLUT)-2. Die Transportkapazität von (SGLT)-1 ist limitiert und kann höchstens 1 g Glukose pro Minute bzw. 60 g Glukose pro Stunde transportieren. Diese limitierte Glukoseaufnahmekapazität des Darms in Kombination mit einer hohen Kohlenhydratzufuhr kann zu Verdauungsbeschwerden führen1. Um dies zu verhindern, gibt es zwei Strategien: 

Wird neben Glukose auch Fruktose konsumiert, können verschiedene Transporter genutzt werden. Diese Kombination ermöglicht eine Aufnahme von 90 g oder mit entsprechendem Magen-Darm-Training und optimiertem Kohlenhydratmix gar 120 g Kohlenhydrate pro Stunde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese in flüssiger oder in gelartiger Form oder in einem Gelee Kaugummi eingenommen werden.

Die zweite Strategie ist eine Steigerung der Kohlenhydratzufuhr über mehrere Tage, was zu einer Erhöhung der Menge und Aktivität der (SGLT)-1-Transporter und so zu einer verbesserten Aufnahmefähigkeit von Glukose führt. 

Cox et al. untersuchten die Auswirkungen einer kohlenhydratreichen Ernährung bei Velofahrern während 28 Tagen. Sie rekrutierten 16 Probanden und teilten sie in eine Gruppe mit hohem Kohlenhydratanteil in der Ernährung und in eine andere mit niedrigem Kohlenhydratanteil ein. Beide Gruppen konsumierten 5 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht pro Tag. Die Gruppe mit hohem Kohlenhydratanteil bekam zusätzlich einen Glukosedrink, welcher weitere 1,5 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht pro Tag lieferte. Vor und nach dem Zeitraum von 28 Tagen wurde die Kohlenhydratverbrennung während einer 100-minütigen gleichbleibenden Belastung bei moderater Intensität gemessen.

Während der Belastung erhielten die Studienteilnehmer in Abständen von 20 Minuten eine 10-prozentige Glukoselösung. Die Kohlenhydratverbrennung war bei den Probanden aus der Gruppe mit hohem Kohlenhydratanteil in der Ernährung grösser, was den Nachweis erbrachte, dass der Darm tatsächlich anpassungsfähig ist.

Praktische Anwendungen

Magendarmprobleme reduzieren die Leistungsfähigkeit. Um dies zu verhindern, gilt es auch den Magen-Darm-Trakt zu trainieren. Ziel ist es mit untenstehenden Strategien die Magenentleerung zu optimieren, die intestinale Aufnahme v.a. von Kohlenhydraten zu steigern, das Völlegefühl im Magen zu reduzieren und so Verdauungsprobleme zu reduzieren. 

  • Bei der Trainingsplanung nicht nur Ausdauer, Kraft und Intervalle einplanen, sondern auch die Ernährung und das Trinken.
  • Die Wettkampfernährung im Training testen, analysieren und optimieren, um mit einem optimal auf die Wettkampfbelastung vorbereiteten Verdauungstrakt am Start stehen zu können.
  • Während dem Training grosse Mengen an Flüssigkeit trinken, um die Magenentleerung zu trainieren.
  • Langsame Erhöhung der Kohlenhydratzufuhr im Training bis zur individuellen Toleranzgrenze.
  • Sportgetränke mit Glukose/Maltodextrin und Fruktose (2:1 bis 1:1) verwenden.
  • Unmittelbar nach einer Mahlzeit trainieren.
  • Kohlenhydratreduzierte Ernährungsformen wie LCHF (low carb high fat) oder ketogen resultieren in einer verlangsamten Magenentleerung und verringern die Fähigkeit, Kohlenhydrate während des Wettkampfs bestmöglich zu absorbieren und führen so zu Magendarm-Problemen und einer reduzierten Leistungsfähigkeit3. Diesen Athletinnen und Athleten, wird empfohlen, sich trotzdem ab und zu oder während den letzten Tagen vor dem Wettkampf kohlenhydratreich zu ernähren. 

Verfasser:        MSc Valentina Segreto
Updates:          Simone Reber, Sarina Jenzer
Datum:              Dezember 2022, Version 2.1
Gültigkeit:         bis Dezember 2025

Zum Original-Artikel

Den Magen-Darm-Trakt trainieren auf ssns.ch

Literatur

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  • Yau AM, McLaughlin J, Maughan RJ, Gilmore W, Evans GH. Short-term dietary supplementation with fructose accelerates gastric emptying of a fructose but not a glucose solution. Nutrition. 2014 Nov 1;30(11-12): 1344-8.
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